Für mich ist Selbstführung eine der wichtigsten Kompetenzen im (Arbeits-) Leben. Denn wie gut wir uns selbst führen, beeinflusst nicht nur unser eigenes Wohlbefinden und Stresslevel, sondern auch wie souverän wir mit Herausforderungen umgehen, wie erfolgreich wir mit anderen zusammenarbeiten und wie fokussiert wir an unseren Zielen arbeiten.
Was bedeutet Selbstführung?
Selbstführung bedeutet, Verantwortung für das eigene Handeln, Denken und Fühlen zu übernehmen. Es ist die Fähigkeit, sich selbst zu reflektieren, sich zu motivieren und die eigene Energie sinnvoll zu steuern. Es geht darum, das Leben aktiv zu gestalten statt sich von äußeren Umständen treiben zu lassen.
Dabei spielen drei Dimensionen eine entscheidende Rolle:
- Was mache ich? (Selbstreflexion)
- Warum mache ich es? (Selbstmotivation)
- Wie mache ich es am besten? (Selbstregulation)
Lass uns das an zwei konkreten Beispielen betrachten:
Beispiel 1: Fokussiert arbeiten
Nehmen wir einmal an, du arbeitest konzentriert an einer Präsentation, wirst aber immer wieder von Chat-Nachrichten oder Anrufen unterbrochen.
- Selbstreflexion: Schau dir zunächst einmal an, was genau passiert. Du stellst fest, dass du im Schnitt alle 10 Minuten unterbrochen wirst und danach schwer zurück in den Fokus findest.
- Selbstmotivation: Frag dich „Warum will ich das ändern?“. Mögliche Antwort: Weil du schneller fertig sein willst, weniger Überstunden machen möchtest und dir fokussiertes Arbeiten für ein gutes Ergebnis wichtig ist.
- Selbstregulation: Überlege einmal „Wie mache ich es am besten?“ Zum Beispiel blockst du dir zwei Stunden Fokuszeit im Kalender und stellst deinen Status auf „Bitte nicht stören“.
Beispiel 2: Mit emotionalen Triggern souverän umgehen
Stell dir vor, du bekommst in einem Meeting unerwartet kritisches Feedback zu einem Projekt, in das du viel Energie gesteckt hast. Dein erster Impuls: Verteidigung und Rechtfertigung.
- Selbstreflexion: „Was passiert da gerade in mir?“ Du merkst, dass du dich persönlich angegriffen fühlst.
- Selbstmotivation: „Warum will ich anders reagieren?“ Weil du die Chance nutzen möchtest, dich weiterzuentwickeln, und weil dir ein konstruktives Miteinander wichtig ist.
- Selbstregulation: „Wie mache ich es am besten?“ Du atmest tief durch, bedankst dich für das Feedback und notierst dir die Punkte, um später in Ruhe zu reflektieren.
Das Ergebnis (mit etwas Übung): Du bleibst souverän, nimmst die Situation nicht persönlich und nutzt das Feedback, um zu wachsen.
Lass uns nun die drei Bestandteile der Selbstführung (Selbstreflexion, Selbstmotivation und Selbstregulation) genauer anschauen.
Selbstreflexion: Sich selbst besser verstehen
Wenn du dir Zeit nimmst, dein eigenes Verhalten, deine emotionalen Reaktionen und deine Gedanken zu betrachten, erkennst du Muster. Manche bringen dich weiter, andere blockieren dich. Und genau dort kannst du dann im nächsten Schritt mittels Selbstmotivation & Selbstmanagement ansetzen.
Daher lohnt es sich immer mal wieder, sich selbst zu reflektieren und dadurch Themen zu identifizieren, an denen man arbeiten möchte.
Hier ein paar praktische Fragen zur Selbstreflexion:
- Wann habe ich im Job besonders viel Energie gespürt?
- Was stresst mich immer wieder und wie gehe ich bisher damit um?
- Welche Stärken nutze ich bewusst, welche lasse ich liegen?
Tipp: Schreib regelmäßig kurz auf, was in deinem Arbeitstag gut lief und was du verändern möchtest. Diese kleinen Notizen können wertvolle Erkenntnisse bringen.
Selbstmotivation: Antrieb von innen
Es gibt Tage, an denen alles schwerfällt. Selbstmotivation hilft dir, trotzdem ins Handeln zu kommen. Dabei geht es nicht ums „Zähnezusammenbeißen“, sondern darum, innere Antriebskräfte zu aktivieren.
So kannst du deine Selbstmotivation stärken:
Tipp: Finde dein persönliches „Warum“
Wenn wir uns den tieferen Sinn einer Aufgabe vor Augen führen, kann sich das positiv auf die Motivation auswirken. Die 5-Why-Methode hilft dir, genau diesen tieferen Sinn herauszufinden.
So funktioniert sie:
- Stelle dir zu einer Aufgabe oder einem Ziel die Frage „Warum?“.
- Beantworte sie ehrlich und stelle dann erneut die Warum-Frage.
- Wiederhole das Ganze fünfmal (oder so lange, bis du beim Kern angekommen bist).
Ein Beispiel:
- Warum arbeite ich an diesem Projekt? Weil mein Team das Ergebnis braucht.
- Warum braucht mein Team es? Damit wir unsere Kundin rechtzeitig beliefern können.
- Warum ist das wichtig? Weil Zuverlässigkeit Vertrauen schafft.
- Warum will ich Vertrauen schaffen? Weil es unsere Zusammenarbeit langfristig stärkt.
- Warum ist mir das wichtig? Weil ich in einem Umfeld arbeiten will, in dem Verlässlichkeit und Wertschätzung zählen.
Das Ergebnis: Aus einer scheinbar lästigen Aufgabe wird ein Beitrag zu etwas Größerem, das dir wichtig ist.
Ein anderer Weg, den Bezug zu etwas Größerem herzustellen und dadurch die Motivation zu steigern, ist die Verknüpfung mit den eigenen Werten.
Tipp: Werte-Check
Studien zeigen: Wer Aufgaben mit den eigenen Werten verknüpft, bleibt engagierter und zufriedener auch bei Routinearbeit. Hier eine Anleitung, wie du vorgehen kannst:
- Liste deine Top-5-Werte auf (z. B. Sicherheit, Kreativität, Lernen, Freiheit, Teamgeist).
- Frage dich: „Welcher meiner Werte steckt in dieser Aufgabe?“ Vielleicht unterstützt sie dein Bedürfnis nach Verlässlichkeit oder bietet dir die Chance auf Wachstum.
- Kein Wert sichtbar? Dann überlege: „Wie kann ich die Aufgabe so gestalten, dass sie zu meinen Werten passt?“ Beispiel: Wenn Lernen ein wichtiger Wert für dich ist, kannst du eine Routineaufgabe nutzen, um eine neue Methode auszuprobieren.
Selbstregulation: Gefühle, Gedanken und Verhalten bewusst steuern
Selbstregulation bedeutet, deine Gefühle, Impulse und Verhaltensweisen bewusst zu steuern. Sie hilft dir, in stressigen Momenten ruhig zu bleiben und deine langfristigen Ziele nicht aus den Augen zu verlieren.
Typische Bereiche der Selbstregulation:
- Umgang mit Stress: Mach eine bewusste Pause, bevor du impulsiv reagierst.
- Fokus halten: Widerstehe Ablenkungen und bleib bei deiner Aufgabe.
- Gefühle steuern: Erkenne deine Emotionen an, ohne dich von ihnen leiten zu lassen.
Tipp: Das Reiz-Reaktions-Muster bewusst unterbrechen
Im Alltag reagieren wir oft automatisch: Jemand kritisiert uns → wir gehen sofort in die Verteidigung. Eine Nachricht ploppt auf → wir schauen sie sofort an, auch wenn wir eigentlich fokussiert arbeiten wollten. Dieses Reiz-Reaktions-Muster passiert blitzschnell, manchmal ohne, dass wir es überhaupt bemerken.
Mit einer guten Selbstregulation kannst du den Automatismus unterbrechen, indem du den Raum zwischen Reiz und Reaktion für dich nutzt. Viktor Frankl hat diesen Raum so beschrieben: „Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion.“
So kannst du diesen Raum aktiv nutzen:
- Wahrnehmen: Bemerke den Reiz („Da kommt gerade eine kritische Bemerkung“).
- Pause einbauen: Atme bewusst ein und aus, zähle innerlich bis drei.
- Bewusst entscheiden: Überlege: „Wie will ich reagieren, sodass es mir und der Situation dient?“
Beispiel: Statt eine impulsive, gereizte Antwort zu schicken, schreibst du die E-Mail erst später in ruhigerem Tonfall und verhinderst so unnötigen Konflikt.
Warum Selbstführung dir den Job leichter macht
Selbstführung bedeutet nicht, alles perfekt im Griff zu haben. Es bedeutet, dir bewusst Raum für Entscheidungen zu schaffen und aktiv zu gestalten, wie du arbeiten willst.
Das Ergebnis:
- mehr Klarheit im Umgang mit Stress
- mehr Zufriedenheit durch bewusstes Handeln
- mehr Energie, weil du deine Ressourcen im Blick hast
Kurz gesagt: Selbstführung macht dich unabhängiger von äußeren Umständen. Du gewinnst Kontrolle zurück – auch in chaotischen Zeiten. Selbstführung ist eine Investition in dich und dein Wohlbefinden.
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